15. November 2024
2009 hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ratifiziert, wodurch das Land sich verpflichtet hat, “den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern” (Artikel 1 UN-BRK). In ihrem Alltag werden Menschen mit Behinderung aber regelmäßig Opfer von Diskriminierung und spüren immer wieder Probleme und Hindernisse, die ihre persönliche Entfaltung verhindern. Um ein besseres Bild und Verständnis von der Situation von Menschen mit Behinderung in Nordrhein-Westfahlen zu bekommen haben wir dazu eine große Anfrage mit mehr als 200 Fragen an die Landesregierung gestellt. Dieser Überblick über den inklusionspolitischen Status quo war bis jetzt leider nicht vorhanden. Deshalb wollten wir wissen wie es um die Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Handicap im Arbeitsmarkt, in der Wohnsituation und Gesundheitsversorgung, in Kitas und Schulen sowie in der Mobilität und der Migration gestellt ist.
Die Ergebnisse und Antworten der Landesregierung offenbaren dabei teilweise erhebliche Versäumnisse und Nachbesserungsbedarf. Besonders bei den Themen Inklusion auf dem Arbeitsmarkt, dem Schutz von Menschen mit Inklusionsbedarf vor Gewalt und der Inklusion im Bildungsbereich besteht dringender Handlungsbedarf.
So zeigt unsere Anfrage beispielsweise einen noch höheren Mangel an Fachkräfte zur Förderung in der Schule und das Menschen mit Behinderung nicht die selben Bildungschancen haben. Während z.B. 2,15% der Schüller*innen in NRW die Schule ohne Abschluss verlassen, beträgt dieser Anteil bei Schüler*innen mit Behinderung fast 20%.
Auch die Chancengleichheit auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt ist für Menschen mit und ohne Behinderung weit entfernt. Von den 71.885 Beschäftigten mit Behinderung, die in Werkstätten tätig sind, schafften nur 270 den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt. Hier braucht es größere Anstrengungen des Landes, um den inklusiven Arbeitsmarkt weiter voranzubringen.
Menschen mit Behinderung brauchen einen besseren Schutz vor Gewalt. Allein 2023 wurden 1100 Menschen mit Behinderung in Nordrhein-Westfahlen Opfer von Gewalt, überwiegend geht die Gewalt von Männern aus. Zudem liegen keine Erkenntnisse über den Dunkelbereich vor, hier braucht es dringend eine spezielle Dunkelfeldanalyse für Mädchen und Frauen mit Behinderung. Um Betroffene besser zu schützen, müssen beispielsweise Frauenhäuser endlich barrierefrei werden, die vom Land geförderten Häuser sind das in vier von fünf Fällen nicht. Auch Präventionsmaßnahmen, gezielt für Menschen mit Inklusionsbedarf, müssen dringend ausgebaut werden.
Auch in den anderen Bereichen wie Mobilität, politische Partizipation oder Gesundheitsversorgung wird deutlich, dass viele Barrieren bestehen, die Menschen mit Behinderung ausschließen oder ihnen den Zugang zu Information oder Unterstützung erschweren. Diese Hindernisse müssen weiter abgebaut werden und der Inklusionsgedanke stärker mitgedacht werden.
Auch wenn diese Erkenntnisse wenig erfreulich sind, ist es gut, dass unsere große Anfrage nun Licht ins Dunkel bringt und eine Grundlage schafft, Verbesserungen zu erreichen. Wir haben dem wichtigen Thema Inklusion damit Aufmerksamkeit verschafft und die Landesregierung gezwungen, sich mit ihrem Agieren in diesem Themenfeld auseinanderzusetzen. Wir kämpfen weiter dafür, die Situation für Menschen mit Behinderung zu verbessern und Hindernisse für Inklusion abzuschaffen.