30. January 2025
Herr Präsident,
es ist mir unmöglich, parlamentarische Normalität vorzuspielen,
während in Berlin der Konsens der Demokraten zerstört wird.
Ich kann dazu heute nicht schweigen!
Zum ersten Mal seit dem 23.03.1933, 10 Tage nachdem dem Konrad
Adenauer, als OB von Köln von den Nazis abgesetzt wurde, haben
Konservative und Liberale mit Rechtsextremisten gemeinsame Sache
gemacht.
CDU und FDP haben die Stimmen von Rechtsextremisten und
Faschisten benutzt, um eine demokratische Regierung der Mitte unter
Druck zu setzen.
Das ist ein ungeheuerlicher Tabu-Bruch.
Das war keine Zufallsmehrheit!
Das war Vorsatz!
Friedrich Merz hat mit den Stimmen der Rechtsextremisten kalkuliert.
Dabei hatte er zuvor sein Ehrenwort gegeben,
das niemals zu tun, weil er sonst die Seele die CDU verkaufen würde.
Friedrich Merz hat sein Wort gebrochen.
Und wofür?
Für einen Antrag auf Verfassungsbruch, das Asylrecht abzuschaffen,
europäisches Recht zu brechen!
Weder Adenauer, Kohl oder Merkel hätte dem jemals
zugestimmt.
Und das wissen Sie alle ganz genau!
Friedrich Merz hat gestern eine Mauer eingerissen.
Für einen Tagessieg hat er den Rechtsextremismus in die
parlamentarische Mitte geholt.
Ein Glückstag für die Faschisten.
Ein schwarzer Tag für Demokraten.
Ich mache mir große Sorgen, dass wir alle für diesen
historischen Fehler einen hohen Preis zahlen müssen.
Ich weiß, dass viele Christdemokraten genauso entsetzt sind, wie ich.
Aber ich bin auch entsetzt über die Feigheit in Ihren Reihen.
Armin Laschet hat an diesem Pult starke Reden gegen die AfD und
für Europa gehalten.
„Der Feind steht rechts!“ war seine Devise.
Aber gestern, als es drauf ankam, stimmte der Europa-Politiker
Laschet mit den Rechtsextremisten gegen eine demokratische
Regierung, gegen Europa und gegen die Verfassung.
Was für eine Enttäuschung!
Zu viele Konservative haben anscheinend nichts aus der Geschichte
gelernt.
Wir dürfen die schrecklichen Fehler der Weimarer Republik nicht
wiederholen.
Die SPD steht in der demokratischen Mitte.
Wir haben Erfahrung damit bis zum Schluss aufrecht den
Rechten die Stirn zu bieten.
Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein hat es bereits klar
und deutlich gesagt:
Er wird niemals einem Gesetz zustimmen, das mit den Stimmen der
AfD zustande kommt.
Wenn sich der Tabu-Bruch am also Freitag wiederholt, dann ist der
Bundesrat das letzte Bollwerk. Dann sind auch die Demokraten aus
NRW gefordert Haltung zu zeigen.
Herr Ministerpräsidenten, ich erwarte, dass Sie heute an dieses Pult
treten und Klarheit schaffen!
Wie werden Sie sich Verhalten?
Stellen sie unmissverständlich klar, dass NRW ein Bollwerk
gegen Rechts war, ist und immer bleiben wird.
– persönliche Erklärung von Jochen Ott (Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag)